Aktuell
Isst der Mensch, was er ist?
Ein nachhaltigeres Ernährungssystem verlangt unter anderem die Umstellung auf ökologischere Produktionsmethoden. An den Forumsveranstaltungen in Burgdorf und in Thun wurden innovative Ansätze in der regionalen Nahrungsmittelproduktion vorgestellt und der Gestaltungsspielraum von Städten diskutiert.
Von Sarah Beyeler
Zum Einstieg nennt Bettina Scharrer vom Center for Development and Environment der Universität Bern drei Hauptmassnahmen für ein nachhaltigeres Ernährungssystem: Reduktion tierischer Lebensmittel, Verringerung von Foodwaste und die Umstellung auf ökologischere Produktionsmethoden. Die Schweiz hat eine hohe Tierdichte und muss deshalb Kraftfutter importieren, was Umweltprobleme verursacht. Denn die Futtermittelimporte brechen Stoffkreisläufe auf und führen zu Umweltbelastungen, etwa durch Stickstoff-, Ammoniak- und Phosphorüberschüsse. Es könne aber nicht nur um die Landwirtschaft gehen, betont Scharrer, denn diese sei im Ernährungssystem eingebettet zwischen Vorleistungen und dem nachgelagerten Sektor (Gross- und Detailhandel).
Auch die Stadtpolitik könne einen Einfluss auf das Ernährungssystem haben, «denn in den Städten wird konsumiert». Insbesondere in der Gemeinschaftsverpflegung und bei der Direktvermarktung seien die Verbesserungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft, stellt Scharrer fest.
Biologisch-regenerative Landwirtschaft im Emmental
Barbara Lüthi-Kohler führt ihren Betrieb seit 2019 biologisch-regenerativ, um Bodenfruchtbarkeit und Umweltschutz zu fördern. Für die regionale Versorgung im Emmental seien Hofläden und Wochenmärkte zentral, betont sie. Als Herausforderung sieht sie den Klimawandel, der Anpassungen und zeitnahe Lösungen in der Forschung erfordert. Weiter kritisiert Lüthi-Kohler, dass gesellschaftliche Ansprüche an höhere Tierwohlstandards oft nicht mit dem Kaufverhalten übereinstimmen. Sie fordert eine grössere Wertschätzung für Lebensmittel von der Produktion bis zum Konsum.
Von der Schweinezucht zur Shrimp-Produktion
In den 1980er Jahren suchte Fritz Kunz nach einer geruchsärmeren Alternative zur Schweinehaltung, nachdem ein Ausbaugesuch seines stadtnahen Betriebs abgelehnt wurde. Er entschied sich für die Shrimp-Produktion. Das notwendige Wissen holte er sich aus den USA, wandelte die alten Schweineställe in Wasserbecken um und begann 2015 mit der Produktion. Die nachhaltige Anlage nutzt Solarenergie und recyceltes Wasser, und die Shrimps zeichnen sich durch eine effiziente Futterverwertung aus. Der Grossteil der Produktion wird an die Gastronomie verkauft, wobei das Produkt aufgrund seiner Qualität, Frische und Nachhaltigkeit eine besondere Vermarktungsgeschichte hat.
Vermeiden und Reduzieren in der Landwirtschaft
Der Landwirt Simon Vögeli setzt auf seinem Biohof Stauffenbühl in Burgistein auf Elektroantrieb für Maschinen und hält nur wenige Kühe, um Emissionen zu reduzieren. Zwar würde er Fleisch produzieren, aber eben nur sehr wenig und mit geringem Maschineneinsatz. Da sei er am Vermeiden und mit der Elektrifizierung am Reduzieren von Emissionen, erklärt der Landwirt. Den Zertifikatshandel lehnt er ab und plädiert für mehr Anreize zur Klimaneutralität in der Bio-Landwirtschaft.
Grosse Ernte auf kleiner Fläche
In ihrer Marktgärtnerei in Homberg bewirtschaften Ronja Schlotterbeck und Claude Brechbühl eine Fläche von nur 0,1 Hektar. Sie produzieren ohne schwere Maschinen wöchentlich Gemüse für 70 Haushalte. Die beiden setzen auf hohe Pflanzendichte und Direktvermarktung. Potential sehen sie in der Entwicklung einer Plattform für Direktvermarktung, um lokale Lebensmittel einfacher zugänglich zu machen und Synergien im Marketing und der Logistik zu nutzen.
ZUR AUTORIN
Sarah Beyeler arbeitet am Forum für Universität und Gesellschaft
Zur Veranstaltung
Sämtliche Unterlagen und Aufzeichnungen zu den Veranstaltungen «Isst der Mensch, was er ist?» finden Sie unter diesem Link: www.forum.unibe.ch/regio