Aktuell
Das digitale Theater der Zukunft
Im Kleintheater Luzern entsteht ein Forschungslabor für das (digitale) Theater der Zukunft. Janine Bürkli, Co-Leiterin des Theaters, spricht über digitale Produktionen und über die Chancen und Herausforderungen der veränderten Theaterarbeit
Von Sarah Beyeler
Gegründet 1967 von Emil und Maya Steinberger, ist das Kleintheater Luzern seit März 2021 auch ein Ort für die digitale Bühne. Sie entstand im Zuge der Pandemie und wurde als Transformationsprojekt durch Bund und Kanton gefördert. Mit den Transformationsprojekten soll u.a. die strukturelle Neuausrichtung von Kulturbetrieben unterstützt werden, etwa zur Bewältigung des digitalen Wandels. Entsprechend bleibt die Transformation auch nach der Krise wichtig. «Unser Ziel war es, ein eigenes Kompetenzzentrum für digitale Produktionen zu erstellen.» So habe man auf der Plattform das Kleintheater virtuell nachbauen lassen; «das heisst, dass Sie jederzeit von zu Hause aus bei uns sein können», sagt Janine Bürkli. Besucher:innen können sich im virtuellen Theater bewegen, verschiedene Aktivitäten auswählen und via Mikrofon mit den anderen anwesenden Avataren sprechen. Dabei entstehe ein 3D-Effekt, weil die Lautstärke der Unterhaltung je nach Distanz der Avatare zueinander variiere, erklärt die Referentin.
Als Beispiel für eine digitale Produktion stellt Bürkli «Panzoomime» von Hendrik Quast vor. Der Künstler hat auf einer digitalen Plattform einen eigenen Raum kreiert, in dem sich Zuschauende und Performer:innen als Avatare begegnen und ihren Körper über die Tastatur neu erproben können.
Etwas anders gelagert ist die Produktion «Meine Sprache und ich» von Sarah Elena Müller. Hier befinden sich die Zuschauer:innen physisch im Kleintheater und tauchen via VR-Brille in die virtuelle Performance ein.
Chancen und Herausforderungen der veränderten Theaterarbeit
Wo liegen nun die Chancen dieser veränderten Theaterarbeit? Es öffnen sich neue spannende Erfahrungsräume, sagt Janine Bürkli. «Als Zuschauerin bin ich nicht mehr länger nur zuschauend, sondern aktiv. Das birgt komplett neue Chancen und Möglichkeiten.» Zur Reichweite digitaler Produktionen äussert sie sich verhalten: «Unser Stammpublikum kommt noch nicht so zu diesen Performances, aber es sind auf jeden Fall neue Leute zu uns ins Kleintheater gekommen.» Bezüglich Zugänglichkeit und geografischer Grenzen bieten sich Chancen: Das virtuelle Theater ist zugänglich für Menschen, die ihr Haus nicht verlassen können oder wollen, und es ermöglicht Kooperationen über geografische Grenzen hinweg.
Herausfordernd ist hingegen die Finanzierung der technischen Ausrüstung und des zusätzlichen Personals – etwa für die teils aufwändige Betreuung der digitalen Produktionen vor Ort. Zudem seien die Künstler:innen teilweise so fasziniert von den technischen Möglichkeiten, dass zu wenig Raum bleibe für die Inhalte, so die Erfahrungen von Janine Bürkli. Und natürlich ist da stets die Abhängigkeit des Gelingens von der (funktionierenden) Technik.
Auch die neue Rollenverteilung zwischen Künstler:innen und Publikum sei nicht immer einfach, schliesst die Referentin. Erstere stehen oftmals nicht mehr im Mittelpunkt, weil das Publikum der aktivere Teil ist.
Zur Person
Janine Bürkli hat Soziokultur, Dramaturgie und Theater- und Orchestermanagement in Luzern und Frankfurt am Main studiert. Per Spielzeit 23/24 übernimmt sie mit Fabienne Mathis die Co-Leitung des Kleintheater Luzern.
ZUR AUTORIN
Sarah Beyeler arbeitet am Forum für Universität und Gesellschaft.